Durch Selbstreflexion zur besseren Führung

Selbstreflexion ist wichtig, wenn man sein Führungsverhalten verbessern will. Darauf weisen die Autoren im eDossier „Führung“ der Wirtschaftspsychologie aktuell hin. Prinzipien der Selbstbetrachtung sind dabei, das eigene Erzählen anzuregen, bestimmte Methoden einzusetzen, bewusst Themen auszuwählen, sich auf dem Weg des ehrlichen Selbstgesprächs zu bestärken, auch mit anderen darüber zu reden und aus seinen Betrachtungen lernen zu wollen.

 

Nachdenken über sich selbst

In dem eDossier „Führung“ der Zeitschrift Wirtschaftspsychologie aktuell sind Beiträge zu Wirkfaktoren guter Führung versammelt. Einer dieser Faktoren, der von den meisten Autoren ausdrücklich oder zwischen den Zeilen angesprochen wird, ist die Selbstreflexion. 

Selbstreflexion, das Nachdenken über sich selbst, ist naheliegend, wenn man sein eigenes Verhalten verbessern will. Aber es ist auch schwierig. Man muss sich mit negativen Gedanken und Gefühlen auseinandersetzen. Führungskräfte sind bestrebt, sich häufig ins rechte Licht zu rücken, weil sie selbstsicher auftreten müssen.

Selbstbetrachtung wird damit zu einer Gratwanderung zwischen Ehrlichkeit und Selbstwerterhalt. Ehrlichkeit schließt ein, dass man eigene Misserfolge betrachtet und ungünstige Verhaltensweisen, die dazu geführt haben könnten. Selbstwerterhalt betont eher die beschönigende Sicht auf die eigene Person, die liebenswert bleibt, auch wenn sie Fehler macht.

Übergreifend Reflexion gefordert

Managementprofessor Jack Denfeld Wood berichtet im eDossier vom „klinischen Ansatz“ der Managerausbildung (S. 12). Führungskräfte setzen sich dabei im geschützten Raum mit ihrem Unbewussten, ihren Gefühlen und ihrem Verhalten auseinander. Der Arbeitspsychologe Mario Vaupel spricht vom „reflexivem Mindset“ (S. 9), wenn es um eine selbstkritische Auseinandersetzung geht. 

Martin Schweer, Professor für Pädagogische Psychologie an der Universität Vechta fordert eine „Reflexionsbereitschaft für die Komplexität des Führungsprozesses“ (S. 22) und Professorin Elisabeth Hornstein sind „Reflexionsmöglichkeiten auf Augenhöhe“ (S. 26) wichtig. Welche Prinzipien der Selbstreflexion lassen sich daraus ableiten?

Prinzipien der Selbstreflexion

Erzählen anregen. Es geht darum, mit sich selbst ins Gespräch zu kommen. Da Denken und Fühlen selten linear sind, muss man auch bei der Selbstbetrachtung nicht notwendigerweise so vorgehen. Das Erzählen trifft die Selbstreflexion besser als eine wissenschaftliche Ursachen-Wirkungs-Analyse. In eine Erzählung fließen Erfahrungen, Situationen, Gefühle und Gedanken ein. Jack Denfeld Wood regt dazu im Rahmen einer Schreibübung an, indem angehende Manager über ihr bisheriges Leben schreiben, aber nicht in Form eines chronologischen Lebenslauf, sondern einer nacherlebten Geschichte.

Methoden einsetzen. Damit Selbstreflexion nicht in ziellosem Grübeln endet, sind bewährte Methoden sinnvoll. Das können Schreibübungen, Gespräche oder gar psychoanalytische Sitzungen sein. Meist sind diese Methoden im Rahmen der Führungskräfteentwicklung in einen Lehrplan eingebettet. Sie geben einen Weg vor, auf dem das Denken objektivierbar wird und dadurch besser zur Verhaltensänderung genutzt werden kann.

Themen auswählen. Die zentralen Themen der Selbstbetrachtung sind die eigenen Gedanken und Gefühle, bisherige Verhaltensweisen und was sie bewirkt haben, bestimmte Situationen und Probleme, die Umgebung und andere Menschen sowie Wünsche für die Zukunft. Obwohl alles miteinander zusammenhängt, sollten bestimmte Elemente herausgegriffen und gesondert betrachtet werden, zum Beispiel die Abfolge: Was ich denke, beeinflusst meine Gefühle, diese wiederum mein Verhalten, was bestimmte Folgen hat. Die Themen wären dann Gedanken, Gefühle, Verhalten, Verhaltensfolgen. Jack Denfeld Wood sagt dazu: „[Die Teilnehmer] können lernen, dass problematische Gefühle oft nicht so schädlich sind, wie wir glauben. Im Gegenteil, sie geben uns wertvolle Informationen, um verdeckte Einflüsse zu verstehen“ (S. 17).

Positiv verstärken. Hierbei geht es darum, sich darin zu bestärken, dass man ehrlich über sich nachdenkt. Das ist etwas anderes als die Belohnungen, die Führungskräfte sonst erhalten, zum Beispiel in Form von ungefiltertem Lob von außen. Es geht nicht um die Selbstbewertung: „Ich bin toll“, sondern um eine verstärkende Lernhaltung: „Es ist gut, wenn ich mich mit mir selbst auseinandersetze.“ Diese Form der Verstärkung kann von einem persönlichen Gespräch herrühren oder davon, dass man sich bestimmte Zeiten für seine Denksitzungen reserviert und diese angenehm gestaltet.

Sich austauschen. Ein Gegenüber ist für die Selbstreflexion Gold wert. Ob mit einem Coach, Psychologen, Partner oder Kollegen, im Gespräch kann man häufig erst ermessen, was bestimmte Gedanken bedeuten oder wie sie einen blockieren. Ein Gesprächspartner, der sich Zeit nimmt und einem zuhört, kann einen beim „reflektierenden Blick aus dem Fenster“ begleiten, wie Mario Vaupel in Anlehnung an Peter Drucker schreibt (S. 9). Martin Schweer zufolge „zeichnen Achtung, Respekt und eine grundsätzliche Wertschätzung [dabei] den Umgang miteinander aus“ (S. 19).

Künftig lernen. Damit Selbstreflexion greift, also auch zur Verhaltensänderung führt, sind zwei Dinge wichtig: etwas tun und daraus lernen. Ausgehend von den Schlussfolgerungen, zu denen man gelangt, können konkrete Absichten formuliert werden, zum Beispiel: „Meinen Mitarbeiter will ich nächste Woche ausdrücklich Danke sagen, wenn sie etwas gut gemacht haben.“ Außerdem sollte man seine Erfahrungen ständig als „Lernmaterial“ nutzen, was Wood „reflexive Spontaneität“ nennt (S. 17).

Literatur

Deutscher Psychologen Verlag GmbH, Verlag des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (Hrsg.). (2013). eDossier „Führung“ der Zeitschrift Wirtschaftspsychologie aktuell [PDF, 2 MB].

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