Wie Sie den Gender Pay Gap schließen

Frauen erbringen genauso gute Leistungen wie Männer – erhalten aber weniger Gehalt und Beförderungen, obwohl Geschlechtsdiskriminierung am Arbeitsplatz laut dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verboten ist. Wie sieht die aktuelle Lage aus? Und was können Sie konkret tun?

Anfang dieses Jahres wurde das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen (Frauenquote) verschärft: Bisher waren große Unternehmen nur verpflichtet, ihre Aufsichtsräte mit mindestens 30% Frauen zu besetzen. Seit Januar 2021 müssen zusätzlich auch die Vorstände börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mindestens einer Frau besetzt werden, sobald sie mehr als drei Mitglieder haben. Ein Schritt in die richtige Richtung, denn Frauen werden immer noch viel zu häufig aufgrund ihres Geschlechts am Arbeitsplatz benachteiligt.

Neben dem höheren Männeranteil in Führungspositionen verdienen Frauen im Durchschnitt auch weniger als ihre männlichen Kollegen. Der bereinigte Gender Pay Gap bezeichnet die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdientes von Männern und Frauen mit ähnlicher Berufserfahrung und Qualifikation, die in vergleichbaren Positionen arbeiten. Laut einer Erhebung des statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2020 liegt er derzeit durchschnittlich bei 1,28 Euro.

Was zunächst nicht viel erscheint, bedeutet bei einer 40-jährigen Karrierelaufbahn in Vollzeit eine Differenz von rund 100.000 Euro. Dieser Unterschied in der Entlohnung von Männern und Frauen lässt sich weder durch Bildung, Erfahrung noch durch familiäre Ereignisse wie Schwangerschaften und Elternzeit erklären. Im Jahr 2015 fasste eine Metaanalyse die Ergebnisse von 142 Studien mit insgesamt 474 Befragten zur Gender Pay Gap zusammen (Joshi et al., 2015). Bereits damals konnte gezeigt werden, dass es durchschnittlich keine Unterschiede in der beruflichen Leistung von Männern und Frauen gab, sehr wohl jedoch in der Höhe des Lohns. Sie bestätigte damit, dass der Gender Pay Gap tatsächlich auf Geschlechtsdiskriminierung zurückzuführen ist.

Vier Frauen sitzen an einem Tisch und und unterhalten sich lächelnd.

Weibliche Vorbilder und Mentoringprogramme können helfen, den Gender Pay Gap zu schließen. (Foto: LinkedIn Sales Navigator / Unsplash.com)

Was können Sie in Ihrem Unternehmen gegen den Gender Pay Gap tun?

Die gute Nachricht ist, dass die oben genannte Studie von Joshi et al. (2015) auch einige konkrete Praxistipps beinhaltet, die Sie in Ihrem Unternehmen anwenden können. Zuerst sollten Sie überprüfen, ob es in Ihrem Unternehmen einen Gender Pay Gap gibt. Auch wenn nicht, können die folgenden Schritte dabei helfen, dass ein solcher auch in Zukunft nicht entsteht.

  1. Entwickeln Sie objektive Kriterien für Beförderungen. Neben objektiven Leistungskriterien sollten Sie auch objektive Beförderungs- und Lohnkriterien entwickeln und kommunizieren. Was selbstverständlich erscheint, ist nicht in jedem Unternehmen etabliert. Beförderungen werden oft noch nach subjektiven Kriterien vergeben. Sie können also für Gleichberechtigung sorgen, indem Sie die Barrieren für alle gleich gestalten. Das ermöglicht sowohl Fairness als auch Nachvollziehbarkeit. 
     
  2. Ermöglichen Sie Planungssicherheit für Mütter. Vor allem in höheren Positionen stehen z. T. Termine an, die außerhalb der normalen Arbeitszeit stattfinden. Dies kann für Frauen ein Nachteil sein, da sie häufiger als Männer für die Kinderbetreuung zuständig sind. Hier können Sie für mehr Planungssicherheit sorgen, indem Sie festlegen, dass Termine (wie z. B. Geschäftsessen) außerhalb der Arbeitszeit für alle Mitarbeitenden nur an ganz bestimmten Tagen stattfinden sollten. So haben alle Teammitglieder die Chance, sich auf diese Termine einzustellen und die Kinderbetreuung entsprechend zu organisieren.
     
  3. Fördern Sie die Transparenz. Dass Transparenz ein wichtig ist, spiegelt sich auch in dem 2017 verabschiedeten Entgelttransparenzgesetz wider. Es beinhaltet das Recht auf eine Auskunft hinsichtlich der eigenen Gehaltskriterien. Weisen Sie Ihre Mitarbeitenden auf dieses Recht hin. So erhalten sie einen Überblick über eine mögliche Gehaltsentwicklung und können diese auch eher vorantreiben.
     
  4. Etablieren Sie Verantwortungsstrukturen. Das regelmäßige Hinterfragen der eigenen Praktiken (z. B. der Kriterien für Beförderungen) ist essenziell, um Ursachen für einen (möglichen) Gender Pay Gap auf den Grund zu gehen. Compliance-Beauftragte können helfen, Praktiken auf ihre Gleichberechtigung hin zu analysieren oder neue Praktiken zu implementieren. Sie können beispielsweise Beförderungsprozesse begleiten und dafür sorgen, dass Regeln oder Kriterien zu Gleichberechtigung eingehalten werden. Auch Calibration Meetings können helfen, für mehr Kontrolle und Transparenz zu sorgen. Diese Meetings dienen dazu, das bisherige Handeln mit den Zielen (wie z. B. der Gleichberechtigung) abzugleichen und ggf. neu zu kalibrieren.
     
  5. Bilden Sie Mentoringprogramme und Frauennetzwerke. Eine vielversprechende Maßnahme sind sogenannte Mentoring-Netzwerke für Frauen. Große Firmen wie Bosch haben solche Programme bereits etabliert. Dort werden über ein Jahr hinweg unternehmensintern weibliche Führungskräfte zu Mentorinnen für Berufseinsteigerinnen und Studentinnen, die einen ähnlichen Weg einschlagen möchten. Es gibt sowohl Workshops als auch die Möglichkeit, wichtige geschäftliche Veranstaltungen zu besuchen. Zudem beteiligt sich Bosch an einem sogenannten Cross-Company-Programm, in dem die Mentees unternehmensübergreifend Einblicke in andere Firmen erhalten. Auch Sie können in Ihrem Unternehmen ein solches Programm ins Leben rufen. Dies hat den Vorteil, dass Ihre zukünftigen weiblichen Führungskräfte bereits Vorkenntnisse haben und genau wissen, was von ihnen erwartet wird.

Literatur:

Joshi, A., Son, J. & Roh, H. (2015). When can women close the gap? A Meta-Analytic Test of Sex Differences in Performance and Rewards. Academy of Management Journal58(5), 1516–1545.