Schwelleneffekt der partizipativen Führung

Gretchenfrage: Ist der Chef offen?

Catherine Lam untersucht an der Städtischen Universität Hongkong, wie Mitarbeiterführung gelingt. In einer Studie, die das Academy of Management Journal brachte, führte sie zusammen mit Forscherkollegen Befragungen zur partizipativen Führung in China durch. 

Partizipative Führung meint, dass Mitarbeiter Führungsentscheidungen mit bestimmen können, etwa durch eigene Vorschläge oder gezielte Abstimmungen. Die Annahme der Forscherinnen war, dass die Wirksamkeit der Teilhabe davon abhängt, wie offen der Chef ist und wie sein Verhalten wahrgenommen wird.

995 chinesische Angestellte

Um diese These zu prüfen, führten sie zwei Befragungen durch. In der ersten wurden 625 Büro- und Callcenterangestellte sowie 203 Führungskräfte eines chinesischen Textil- und eines Telekommunikationsunternehmen befragt. An der zweiten nahmen 148 Mitarbeiter und 19 Führungskräfte eines südchinesischen Bekleidungsherstellers teil. Die Mitarbeiter schätzten die partizipative Führung, das Informationsverhalten des Chefs sowie die wahrgenommene Führungsfähigkeit des Chefs ein. Die Vorgesetzten bewerteten die Arbeitsleistung der Mitarbeiter.

J-Funktion der Teilhabe

Nur wenn der Chef gut informierte, steigerte Teilhabe die Leistung. Wenn der Vorgesetzte über die Hintergründe seines Verhaltens informierte („Mein Vorgesetzter erklärt seine Entscheidungen und Handlungen vor dem Team.“, S. 842), führte die Beteiligung der Mitarbeiter auch zu besserer Leistung. Partizipation und Leistung hingen dann in einer J-Form zusammen – wenig Partizipation: kein Nutzen, mittlere bis starke Teilhabe: deutlicher Leistungsanstieg. Wenn der Chef über seine Beweggründe nicht informierte, blieb die Einbindung der Mitarbeiter wirkungslos. 

Die Führungsfähigkeit erklärte den Zusammenhang. Sie war das Bindeglied zwischen gelungener Partizipation und Leistungsanstieg. Wer seinen Chef offenherzig erlebte, nahm mehr partizipative Führung im Team wahr („Mein Vorgesetzter bestärkt uns, Vorschläge und Ideen zu äußern.“). Dadurch wurde der Chef als führungsfähig eingeschätzt („Der Teamleiter ist sehr effektiv.“). Diese wahrgenommene Führungsfähigkeit pushte die Arbeitsleistung.

Schwelle muss erreicht sein

Echte Beteiligung gelang also bei einer guten Informationspolitik des Chefs. Das steigerte seine Wirksamkeit und die Leistung der Mitarbeiter. Die Ergebnisse zeigen auch, dass halbherzige Partizipation nicht funktioniert. Nur wenn Mitarbeiter nennenswert mitbestimmen können, fördert das Motivation und Leistung. Die Autoren nennen das „Schwelleneffekt der partizipativen Führung“ (S. 837). Unterhalb dieser Schwelle verpufft die Teilhabe, sie gleicht dann eher einer Gängelung.

Informieren lernen

Um von partizipativer Führung zu profitieren, rät Catherine Lam Führungskräften: 

  • Partizipation vorleben. Vorgesetzte sollten: 1) Mitarbeiter häufig dazu auffordern, Vorschläge zu machen, 2) immer an mehrere – mehr oder weniger partizipative – Entscheidungsalternativen denken und 3) darauf achten, dass Unterlagen und Dateien, also die Infos für gute Entscheidungen, auf dem neuesten Stand sind. 
  • Informieren üben. Chefs können in Trainings lernen, wie man mit Mitarbeitern spricht und für ihre Anliegen offen bleibt. Sie sollten auch hin und wieder über die Stellung der Partizipation im Unternehmen reden: Was erwartet das Unternehmen? Was heißt das genau? Welches Verhalten ist gemeint?

Literatur

Catherine K. Lam , Xu Huang & Simon C. H. Chan. (2015). The Threshold Effect of Participative Leadership and the Role of Leader Information Sharing [Abstract]. Academy of Management Journal, 58 (3), 836-855.

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