60 % der Arbeitnehmenden in Deutschland erleben Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbing am Arbeitsplatz ist nach wie vor ein weitläufiges Problem, das sich durch alle Branchen und Karrierestufen hindurchzieht. Das bestätigt nun auch eine neue repräsentative Studie des Büroausstatters Viking unter 1.000 deutschen Arbeitnehmenden, die in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut OnePoll entstanden ist.

Signifikanter Unterschied zwischen Millennials und Babyboomern

Insgesamt gaben mehr als 60 % der Teilnehmenden an, Mobbing an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz erlebt zu haben: Fast jeder vierte Arbeitnehmende (24 %) berichtete selbst Opfer von Mobbing gewesen zu sein. Weitere 37 % gaben an, bereits Zeugen von Mobbing gewesen zu sein.

Überraschenderweise war kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern im Mobbingverhalten am Arbeitsplatz erkennbar. Jedoch laufen Millennials am Arbeitsplatz fast doppelt so häufig Gefahr am Arbeitsplatz gemobbt zu werden, als die über 55-jährigen Babyboomer. Wird heute anders gemobbt als früher? Dazu sagt der stellvertretende Vorsitzende des Beirats der Initiative für mobbingfreie Gesundheit, Diplom-Psychologe Dr. Klaus Mucha: „Sicher hat sich auch das Erscheinungsbild des Mobbens im Laufe der Zeit verändert. Sadistische Persönlichkeiten, die psychischen Druck auf Opfer ausübten oder sie malträtierten, gab es auch schon, bevor Psychologinnen und Psychologen vor Jahrzehnten wissenschaftlich zu forschen begannen […]. In den letzten Jahren sind natürlich auch im Zuge technologischer Entwicklung neue Formen, ja Möglichkeiten, des Mobbens entstanden. Ich denke an das weltweite Kommunikationsnetz und das schon oft tödliche Cybermobbing.“

Erkennen Führungskräfte Mobbingsituationen am Arbeitsplatz?

Besonderen Fokus legte die Studie auf die Führungsebene in deutschen Unternehmen und wie fähig Vorgesetzte sind, Mobbingsituationen am Arbeitsplatz zu erkennen und fair aufzulösen. Dazu Dr. Klaus Mucha: „Der Arbeitgeber, letztendlich die oberste Leitungsperson, trägt nicht nur soziale oder moralische Verantwortung, sondern ist gesetzlich verpflichtet, die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern und sie auch vor psychischen Gefährdungen zu bewahren (unter anderem Arbeitsschutzgesetz). Diese gesetzlich vorgeschriebene Fürsorgepflicht wird in der Praxis und abhängig von der Größe eines Unternehmens auf untere Hierarchieebenen herunterdelegiert (Pflichtenübertragung) bis zu der unmittelbaren Führungskraft eines Mobbingopfers. In der Realität kann ein solches Schutzgesetz nur mit Leben erfüllt werden, wenn Führungskräfte sämtlicher Hierarchieebenen qualifiziert sind, und zwar auch hinsichtlich des Erkennens und Umgangs mit Konflikten, Diskriminierung und insbesondere Mobbing.“

Wie die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage zeigten, glaubt fast jeder vierte Arbeitnehmende, dass die eigenen Vorgesetzten nicht imstande wären Mobbing am Arbeitsplatz zu identifizieren. Zudem hat nur jeder sechste Managende ein starkes Vertrauen darin, Anzeichen von Mobbing erkennen zu können.

Immerhin glauben 53 % der Personalverantwortlichen, dass sie verhindern könnten, dass Mobbing am Arbeitsplatz überhaupt erst auftritt. Erstaunlich sind auch die unterschiedlichen Ergebnisse in den verschiedenen Alterskategorien. So wünschen sich beispielsweise 30 % der Millennials, dass Vorgesetzte mehr auf das Verhalten ihrer Mitarbeitenden achten, während sich 40 % der Babyboomer Weiterbildungsmöglichkeiten im Umgang mit Mobbing wünschen.

Wie ernst nehmen Arbeitgebende das Thema Mobbing am Arbeitsplatz?

Insgesamt finden 30 % der befragten Studienteilnehmenden, dass Mobbing am Arbeitsplatz von Arbeitgebenden nicht ernst genug genommen wird. Eine mögliche Erklärung, warum dies so ist, hat der Vorstandsvorsitzende des Bündnisses gegen Cybermobbing e.V., Uwe Leest: „Eine Erklärung könnte sein, dass viele Arbeitgeber das Thema Mobbing nicht mit ihrem Unternehmen in Verbindung bringen möchten, da sie der Meinung sind, dass ein solches Problem unter ihrer Führung nicht existiert. Arbeitgeber schauen somit gezielt weg oder reihen sich im schlimmsten Fall noch mit in das Verhalten ein, um das Opfer schneller aus dem Unternehmen zu bekommen.”

Als Lösung und Präventionsmaßname schlägt Uwe Leest vor, dass man an den mobbingfördernden Strukturen innerhalb eines Unternehmens, wie z. B. dem Aufbau von konkurrenzorientiertem Klima oder starren Hierarchien, ansetzt. Weiter erläutert er: „Allein eine Sensibilisierung mittels einer innerbetrieblichen Aufklärung und Informationen zu dieser Problematik sind wichtige Schritte hin zu einem konfliktfreien Betrieb. Eine weitaus höhere Wirkung hat die Etablierung institutioneller Strukturen wie z. B. eine Anlaufstelle mit geschulten Mitarbeitern für Mobbingvorfälle, schriftlich kodifizierte Leitlinien zum Umgang mit Konflikten und die Einsetzung von ausgebildeten Konfliktlotsen.”

Literatur

Den vollständigen Bericht zur Studie finden Sie hier.