25. November 2014
Würzburger Psychologen haben Gier näher untersucht. Gierige Personen entschieden riskanter als nichtgierige und zeigten dabei eine geringere Hirnaktivität. Offenbar blendeten Habsüchtige warnende Hinweisreize aus.
Der Diplompsychologe Patrick Mussel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität Würzburg.
Zusammen mit Kolleg(inn)en hat er jetzt das Persönlichkeitsmerkmal Gier untersucht. Die Ergebnisse finden sich in der Online-Version der Fachzeitschrift Social Neuroscience.
Die Forscher untersuchten 20 Studierende. Diese lösten zunächst eine Risikoaufgabe am Computer. Dabei sollten sie einen Luftballon aufblasen. Wenn er ganz blieb, verdoppelte sich der Geldwert des Ballons und man konnte entscheiden, ob man ihn noch einmal aufblies. Wenn er platzte, verlor man alles.
Während dieser Aufgabe wurden die Hirnströme im Elektroenzephalogramm (EEG) gemessen. Danach füllten die Teilnehmer einen Fragebogen zu ihrer überdauernden Gier aus.
Gierige gingen größere Risiken ein. Gierig war, wer im Fragebogen Aussagen, wie „Wenn etwas geteilt wird, versuche ich den größtmöglichen Teil zu bekommen“ oder „Manchmal erlebe ich einen starken Drang, etwas zu besitzen“, zustimmte. Gierige pumpten den Ballon häufiger auf als weniger Gierige, sie entschieden also riskanter, weil sie damit den gesamten Geldbetrag immer wieder aufs Spiel setzten.
Die Gier konnte aktiviert werden. Wenn die Teilnehmer vor dem Spiel den Lebenslauf einer habgierigen Person lasen, wurde das Habenwollen der Gierigen nochmals aktiviert. Sie entscheiden bei der Ballonaufgabe noch riskanter.
Das Gehirn blieb teilnahmslos. Bei Gierigen blieb sowohl nach dem Platzen als auch nach erfolgreichem Aufblasen des Ballons ein negativer Ausschlag im EEG aus. Da diese Reaktion normalerweise beim Lernen auftritt, fiel es gierigen Teilnehmern also schwerer, aus Fehlern zu lernen und ihr Verhalten anzupassen.
Gier führte zu riskanten Entscheidungen bei gleichbleibender Hirnaktivität. Die Forscher erklären dieses Ergebnis damit, dass gierige Personen möglicherweise warnende Hinweisreize ausblenden und deshalb riskanter entscheiden.
© Wirtschaftspsychologie aktuell, 2014. Alle Rechte vorbehalten.
Weiterführende Informationen:
Patrick Mussel, Andrea M. F. Reiter, Roman Osinsky & Johannes Hewig (2014). State- and trait-greed, its impact on risky decision-making and underlying neural mechanisms [Abstract]. Social Neuroscience, published online: 10 Oct. 2014.
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